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Digitalisierung | Digitale Evolution

Digitalisierung | Digitale Evolution

Wenn ein Offlinegigant wie P&C Studenten zum Nachdenken über den Handel von morgen einlädt, dann sollen bewusst keine digitalen Utopien gesponnen werden. In der Challenge RE&THINK lud der Händler Studenten aus Deutschland und Österreich dazu ein, den Handel nicht zu revolutionieren, sondern eine in zwei Jahren umsetzbare Evolution abzuliefern. style in progress hat mit Paul Pörtner, Director Retail Management bei P&C und Jurymitglied bei der Challenge RE&THINK Student Challenge und den Initiatorinnen des Siegerprojekts „Münchner Freiheit“ gesprochen.

Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: P&C

Elena Bramlage, gemeinsam mit Ihren Kolleginnen Sophia Marmaridis und Franziska Sophie Oheimer haben Sie als Projektgruppe „Münchner Freiheit“ mit einem Digitalisierungskonzept die RE&THINK Challenge von P&C gewonnen. Ist der stationäre Handel in den Augen Ihrer Generation ein Zukunftsmodell?

Elena Bramlage: Aus meiner Sicht ist der stationäre Handel weiterhin sehr relevant. Wir drei leben alle in einer Großstadt und kommen so relativ schnell in verschiedene Läden. Ich glaube, dass die Haptik, gerade bei Bekleidung, wahnsinnig wichtig ist und etwas ist, was der Onlinehandel so nicht leisten kann. Deshalb wollen wir mit unserem Konzept den Online- und Offlinehandel so gut es geht verknüpfen. Es beruht auf drei Enabling-Technologien und zwar RFID, Tablets für die Umkleiden und Verkäufer und WIFI im Store. Allesamt Technologien, die sich in die Customer Journey gut integrieren lassen

Viel Fläche, viel Auswahl, viele Marken. Wie trägt man dieses Konzept von P&C in eine digitale Zukunft?

Paul Pörtner: Um Online und den stationären Handel weiter zu verflechten, arbeiten wir bei P&C an der Verknüpfung der Bestände. Das Siegerkonzept der Gruppe „Münchner Freiheit“ hat beispielsweise beim „Endless Aisle“ angesetzt, so können im stationären Shop unmittelbar Bestellungen und Reservierungen ausgelöst werden.

Welche Rolle wird Ihrer Meinung nach die sofortige Verfügbarkeit der Ware in Zukunft in einem Konzept wie P&C spielen?

Paul Pörtner: Die Verflechtung von Online und dem stationären Geschäft ist für uns ein Schwerpunktthema. Neben dem bereits seit längerem eingeführten Click & Collect bieten wir seit 14. Mai auch Click & Reserve (online reservieren, offline anprobieren) in Österreich an. Darüber hinaus beschäftigen wir uns im Omnichannel-Kontext mit der Frage, wie wir die Kollegen auf der Verkaufsfläche bestmöglich in die Lage versetzen, Online-Verkaufselemente in den stationären Verkauf einfließen zu lassen. Die Studentengruppe „Münchner Freiheit“ stellte digitale Technologien in den Fokus: Die Verkaufssituation der Zukunft ist für sie von Tablets und Smartphones geprägt.

Franziska, hilft Technologie, das Beratungserlebnis skalierbar zu machen?

Franziska Sophie Oheimer: Ja, die Digitalisierung steigert die Skalierbarkeit in dem Sinne, dass man als Händler mehr Kunden ein individuelles, zugeschnittenes Einkaufserlebnis bieten kann – bei gleichbleibendem Einsatz von Mitarbeitern.

Im Siegerprojekt tragen viele Lösungen dazu bei, dem Kunden Nähe und Beratungsleistung zu vermitteln. Muss jemand wie P&C darüber nachdenken, die Beziehung zu seinen Kunden digital zu festigen, weil die Personalfrage eine der ungelösten im Modehandel ist?

Paul Pörtner: Absolut. Die kommenden Generationen leben einen digitalen Alltag. Das Smartphone und die sozialen Netzwerke sind überall dabei. Daher steht für uns bei P&C außer Frage: Es gibt immer Potenzial, noch aktiver zu werden und die Kundenbeziehung damit auch auf digitaler Ebene zu festigen. Wir sprechen hier allerdings nicht nur über die Beziehung zum Kunden: Auch das Recruiting ist längst im digitalen Alltag angekommen. Bei der aktuellen RE&THINK Challenge haben wir unter anderem mit Influencern zusammengearbeitet. Diese Bemühungen lohnen sich: Die Gewinnergruppe ist über eine der kooperierenden Bloggerinnen auf die Challenge aufmerksam geworden.

Können Sie sich vorstellen, dass die Technologie die Menschen am PoS irgendwann ganz ersetzt?

Sophia Marmaridis: Für P&C stand das nicht im Raum, weil dort ja der Mensch im Vordergrund steht und die Kunden die persönliche Beratung schätzen. Vielmehr sollte die Technologie die Verkäufer bestmöglich unterstützen. Aber natürlich haben wir übergeordnet darüber nachgedacht und uns auch viele internationale Beispiele angesehen. Man muss hier unterscheiden: Überall dort, wo es wenig um Emotion und viel um Effizienz geht, ist der Mensch ersetzbar. Bei Produkten mit einer höheren emotionalen Bindung oder bei teureren Produkten glauben wir nicht, dass die Person durch Technologie ersetzt wird, weil dort die Persönlichkeit letztlich auch durch die individuelle Beratung für den Kunden im Vordergrund steht.

Was hat Sie am meisten am Blick der Siegergruppe auf den Handel fasziniert?

Paul Pörtner: Die Siegergruppe hat erkannt, dass der Erlebnisfaktor im stationären Handel beim Kunden eine entscheidende Rolle spielt. Das hängt unmittelbar mit neuen Technologien zusammen, denn mit ihnen haben sich auch die Ansprüche der Kunden an die Services der Händler verändert. Wer seine Zielgruppen auf den für sie relevanten Kanälen erreichen und sie beim Modekauf multimedial unterstützen möchte, muss das Einkaufserlebnis digitalisieren.

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 3.19 der style in progress.
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