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Lodenfrey | „Nach Hause kommen“

Lodenfrey | „Nach Hause kommen“

Sie sucht das Strahlen in ihren Bewerbern und hat Freude daran, Chancen zu geben und Talente zu fördern: Constanze Köbberling ist als Prokuristin und Personalleiterin bei Lodenfrey am Dom für 400 Mitarbeiter verantwortlich.
Lebensläufe interessieren sie nur als Grundlage für gute Fragen im Einstellungsgespräch: Constanze Köbberling ist als Prokuristin und Personalleiterin bei Lodenfrey am Dom Herrin über die Karrieren von 400 Mitarbeitern. Im Gespräch mit style in progress wirbt die erfahrene Personalerin um Sympathie für die Gen Z und ihre Ansprüche an Arbeitgeber.

Interview: Martina Müllner. Text: Veronika Zangl. Fotos: Lodenfrey am Dom

Die letzten Jahre hat mit Corona alle vor große Herausforderungen gestellt. Lodenfrey ist ein Unternehmen mit 400 Mitarbeitern. Wie hat sich da die Einstellungsstrategie geändert?

Constanze Köbberling, Prokuristin und Personalleitung Lodenfrey: Im Rekrutierungswesen ist einiges passiert. Bis Ende 2021 waren wir wie alle im Markt sehr defensiv mit Neueinstellungen. Dann folgte 2022 ein Rekordmonat nach dem anderen. Langsam begann ich zu realisieren, dass ich für unsere Wiesn-Monate eine unkonventionelle Recruiting-Strategie brauchen würde. Denn wo soll man in unserem Segment plötzlich 100 Leute herzaubern? Wir entschieden uns für einen komplett neuen Weg und stellten in unserer Ansprache den Stundenlohn in den Fokus. Flyer an Unis, Werbung im Radio – all das kannte man von Lodenfrey am Dom nicht. In allen Maßnahmen haben wir auf den Termin für ein Speed Dating in der Lodenfrey-Kantine hingewiesen. Jeder konnte vorbeikommen – ohne Anmeldung. Auf diesem Weg konnten wir tatsächlich 45 Leute vom Fleck weg engagieren – von rund 60 Menschen, die diesen Termin wahrgenommen haben.

Das ist eine hohe Quote. Bleibt da Zeit, den Lebenslauf zu studieren?

Nein, und ich lese Lebensläufe auch offen gestanden nur, um die eine oder andere Frage zu stellen, mit der die Bewerber nicht rechnen. Das Wichtigste ist mir, zu erkennen, ob der Mensch mich begeistert, ob er dieses Strahlen im Gesicht hat und eine hohe Serviceorientierung besitzt. Für das Thema Fachkompetenz haben wir Schulungsmöglichkeiten. Natürlich freue ich mich, wenn jemand schon Erfahrung mitbringt, aber am Ende ist das nicht entscheidend. Wir wissen, dass wir Anreize bieten, die die Menschen zu uns führen. Gerade die unsichere Lage ist vielleicht wieder ein Grund, sich bei einem Traditionsunternehmen wie Lodenfrey zu bewerben. Aktuell herrscht mit dem Krieg in der Ukraine, der Energiekrise, den steigenden Lebenshaltungskosten und der drohenden Inflation so viel Verunsicherung. Das wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Besonders die Generation Z leidet darunter, aber genau diese wollen wir für uns gewinnen.

Richtig, diese Generation soll laut Prognosen in zehn Jahren bereits jeden vierten Arbeitsplatz stellen, wird aber trotzdem oft belächelt. Warum?

Genau, und es ändern sich schon jetzt die Verhältnisse. Die Generation Z wählt den Arbeitgeber, der auf dem Markt am attraktivsten scheint und das ist der, der am meisten auf ihre Bedürfnisse eingeht. Sprich: Sicherheit, Sinn, Selbstbestimmung und Berücksichtigung der Work-Life-Balance. Mit diesen Themen wird man im Vorstellungsgespräch offen konfrontiert – für meine Generation undenkbar! Deshalb stelle ich provokant die Gegenfrage: Vielleicht ist die Generation Z einfach nur selbstbewusster als die Baby-Boomer-Generation? Schließlich kostet es dem Betrieb sehr viel, wenn ein Mitarbeiter in den Burn-out schlittert. Das ist ein Rückschlag und kein Renommee. Wenn Mitarbeiter aber stattdessen fokussiert Teilzeit arbeiten und sie dadurch gesünder sind, ist das auch ein Vorteil für den Betrieb.

Wie bringt uns die Generation Z weiter?

Sie wollen flache Hierarchien, weil sie Strukturen hinterfragen, um selbstbestimmt und sinnstiftend arbeiten zu können. Deshalb stellen sie auch ihre Vorgesetzten in Frage. Wir benötigen also Führungskräfte, die die Leute begeistern und mitziehen können. Wo der Chef zum Coach wird, der den Mitarbeiter weiterbringt, für den er gerne arbeitet. Dafür muss sich aber auch der Vorgesetzte hinterfragen – auch wenn er schon 20 Jahre im Betrieb ist und sich innerlich vielleicht schon ein bisschen zurückgelehnt hatte. So etwas akzeptiert diese Generation nicht mehr. Die Führungskraft muss jeden Tag ihre Berechtigung, in dieser Position zu sein, unter Beweis stellen. Das fordert heraus, wird aber auch belohnt.

Das ist ein schöner Aspekt, den Sie hier nennen und bringt mich auch zu dem Punkt, dass jede Generation ihre Berechtigung besitzt. Wir müssen nur einfach hinhorchen und lernen, was jetzt unser Auftrag ist.

Bei der Suche nach dem richtigen Arbeitgeber stellt die Generation Z nicht die Profitmaximierung in den Fokus, sondern andere Themen wie Nachhaltigkeit oder eine glückliche Mitarbeiterschaft. Das sind auch unsere Themen in der Modebranche. Schließlich sind Mitarbeiter nicht beliebig austauschbar. Wir profitieren im Handel von der Kundenbindung, die durch Talente mit diesem ganz besonderen Verkaufsgen geschaffen wird. Wenn die aber bei uns nicht glücklich sind, steht auch unser Erfolg in Frage.

Die Fluktuation ist im Verkauf groß, wie ist das bei Lodenfrey?

Unsere Mitarbeiter sind im Schnitt zwölf bis 15 Jahre bei uns. Wir haben sogar noch Betriebszugehörigkeiten von 40 Jahren, also von der Ausbildung bis zur Rente. Außerdem gibt es eine hohe Rückkehrquote. Es gibt immer Mitarbeiter, die es nach der Ausbildung fortzieht. Ich unterstütze das auch durchaus, weil es neue Perspektiven bringt und ich mich freue, wenn Lodenfrey ein gutes Sprungbrett in die Modebranche bietet. Gerade die Unruhigen stoßen sich auf diese Weise ihre Hörner ab, lernen etwas Neues und einige rufen dann nach fünf oder sechs Jahren wieder bei uns an, weil sie nach Hause kommen wollen. Die verwenden wirklich diese Formulierung „nach Hause“, was das größte Kompliment für das Unternehmen ist.

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