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Chain Reaction

Chain Reaction

Ein bisschen hatte man den Eindruck, den Schutz ihrer Heimat als Europas Produktionsland Nummer eins eher als Marketingaufgabe verstanden zu haben: Doch das Bild, das gezeichnet wurde, stimmt nicht immer mit der Realität überein.

Ja, Italien ist voll von Artigiani, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Illegal Beschäftigte, Sweatshops und mafiösen Strukturen geprägte Häfen, die oft nicht mehr in italienischem Besitz sind und in denen Schiffe ankern, die containerweise Billigware und gefälschte Produkte nach Europa bringen. Wenn Italien sich nun trotzdem anschickt, im Rahmen des European Green Deal zum Vorreiter für Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Zirkularität zu werden, dann tut es das auch, um sich selbst zu retten. Denn klar ist: Den Kampf um den besten Preis kann Italien schon lange nicht mehr gewinnen, den ums beste Produkt noch immer.

Die EU ist einer der größten Textilverbraucher und damit auch einer der größten Umweltverschmutzer. 5,8 Millionen Tonnen Textilabfälle werden jedes Jahr weggeworfen, das sind 11 Kilogramm pro Person und Jahr. Damit steht die EU weltweit an vierter Stelle, was die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel angeht.

Um diesem ökologischen Notstand entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission im Zuge des European Green Deal ein neues Dokument, die „EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien“*, vorgestellt. Neben verbindlichen Anforderungen wie der Transparenz hinsichtlich Herkunft, Produktionsmethoden und Inhaltsstoffen, soll vor allem das Greenwashing gestoppt werden. Marken können nur dann von „grünen Produkten“ sprechen, wenn sie ihre Nachhaltigkeit wissenschaftlich belegen können, außerdem müssen sie detailliert angeben, wie lange ihre Kleidungsstücke halten. Darüber hinaus muss Nachhaltigkeit auch soziale Gerechtigkeit einschließen. Produkte, die unter menschenrechtswidrigen Bedingungen hergestellt werden, werden nicht auf dem EU-Markt zugelassen. 

Und wo steht Italien? Im Jahr 2021 wurde das Ministerium für den ökologischen Wandel geschaffen. Das nationale Konjunkturprogramm (Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza – PNRR) sieht eine ehrgeizige Reformagenda mit einem Gesamtvolumen von rund 230 Milliarden Euro vor, davon etwa 70 Milliarden Euro für die grüne Revolution. Aber schon heute idMade in Italy viel umweltbewusster. In den letzten fünf Jahren haben mehr als 440.000 italienische Unternehmen, d. h. etwa jedes dritte, in umweltfreundliche Produkte und Technologien investiert, insbesondere in Energieeffizienz, erneuerbare Energien und die Verringerung des Wasserverbrauchs sowie des Abfalls und der Schadstoffe. Das Augenmerk auf Produktivität und gute Ressourcennutzung spiegelt sich auch in den Recyclingkapazitäten wider. Italien hat die höchste Abfallrecyclingrate in Europa und ist führend bei der Förderung einer Kreislaufwirtschaft**.

*https://ec.europa.eu/environment/publications/textiles-strategy_en
**Pressemitteilung Ambasciata d’Italia Berlino am 6. April 2022

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