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„Wir denken nicht in Arbeitszeit, sondern in Energielevels“

„Wir denken nicht in Arbeitszeit, sondern in Energielevels“

Neues Spiel, neue Regeln? Gerade eine kreative Branche wie die unsere braucht die klügsten Köpfe. Doch viele Unternehmen tun sich schwer damit, die jungen Talente anzulocken, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden: die Generation Z. Wie kann die Mode in Zukunft junge Menschen begeistern, ob als Personal oder als Kundschaft? Für diese Fragen haben wir mit ZEAM-Gründerin Yaël Meier und Hugo-Boss-Chef Daniel Grieder zwei Menschen zum Gespräch gebeten, die Erfolg damit haben, hochtalentierte junge Menschen in ihre Firmen zu holen. Die 22-jährige Yaël Meier fordert sogar, Aufsichtsräte sollten sich um Mitglieder unter 30 bemühen. Wie der 61-Jährige Daniel Grieder darauf reagiert, lesen Sie weiter unten.

Moderation: Stephan Huber. Text: Petrina Engelke. Illustration: Tibo Eixenberger/Caroline Seidler. Fotos: Gesprächspartner

Ich möchte die Diskussion mit jeweils einem Zitat von euch anstoßen. Daniel, im Sommer 2021 hast du in einem Interview gemeint: „Für junge Menschen, für Talente eine attraktive Branche und ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn wir die Besten sein wollen, brauchen wir auch die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Was habt ihr getan, um die Besten zu bekommen? Und wer sind überhaupt die Besten?

Daniel Grieder: So wie ich das sehe, muss man heute deutlich mehr tun als früher, um die besten Mitarbeiter zu kriegen. Das beginnt meiner Meinung nach mit dem Unternehmen selbst. Eine Firma muss cool, sexy, interessant sein, damit sie Mitarbeiter anzieht. Und ich muss ehrlich sagen, vor 15 Monaten war es nicht einfach für uns, Lebensläufe zu erhalten, denn die Firma war gerade nicht mehr so relevant, nicht sehr attraktiv für neue Mitarbeiter. Und da kommt der erste Punkt: Ich glaube, jeder muss verstehen, wofür ein Unternehmen steht. Genau das haben wir klar definiert. Mit der neuen Strategie, der neuen Ausrichtung der Marke, mit der neuen Kampagne, dem neuen Produkt. Es hat Klick gemacht und sofort ist die Aufmerksamkeit gestiegen – und auch die Begehrlichkeit als Arbeitgeber ist um ein Vielfaches größer geworden.

Yaël Meier: Ihr investiert gerade massiv in eure B2C-Brand. Hugo Boss ist bei Jungen präsenter denn je und das hilft euch letztendlich auch in puncto Personal. Denn junge Talente gewinnt man mit einer starken Brand. Den bietet ihr und da will man Karriere machen.

Daniel Grieder: Entscheidend ist, diese Erwartungen dann auch wirklich zu erfüllen. Für die Umsetzung gibt es bei uns mittlerweile einen ganzen Katalog, da muss ich immer an dich denken: „Wofür braucht man Offices“, oder? (lacht) Wir investieren mehrere Millionen in diesen Campus, um ihn absolut cool zu machen, zu mehr als einfach nur einem Arbeitsplatz. Zu einem Ort, an dem die Menschen wirklich gerne Zeit verbringen. Es reicht heute eben nicht mehr, dass man ein Büro hat und irgendwo eine Kantine, in der man Essen abholen kann. Sondern das Ganze muss inszeniert werden, eine Erlebniswelt sein, genau wie wir sie auch im Geschäft suchen. Ob im stationären Handel oder im E-Commerce, das Ziel ist ja, Emotionen zu wecken, Erlebnis zu bieten und eine Community zu bilden. Und genau das versuchen wir auch am Arbeitsplatz. Das kommt bei den Talenten an, die wir anziehen wollen. Sie sehen, hier wird auch unter der Woche einiges veranstaltet, man kann Leute treffen, man braucht dazu nicht mehr in eine Bar zu gehen.

Und das bringt uns jetzt auf das Thema Arbeitszeit.

Daniel Grieder: (an Yaël gewandt) Du sagst ja, wir brauchen keine Arbeitszeiten. Das sehe ich ein wenig anders. Manche Menschen haben gern Anleitung, sie brauchen Guidance. Und in einer Firma wie unserer gibt es Leute in der IT, im Sales, in der Logistik, in der Produktentwicklung. Wir haben allein an unserem Hauptsitz über 2.500 Mitarbeiter, weltweit über 15.000 Leute. Da gibt es kein Format, mit dem alle ganz flexibel arbeiten können. Wo es möglich ist, haben wir natürlich schon flexible Arbeitszeiten, aber die Mitarbeiter im Lager müssen zum Beispiel zu ihrer Schicht da sein. Natürlich können die Arbeitszeiten auch bei uns insgesamt noch flexibler werden, aber wir machen das sicher anders als Yaël.

Yaël Meier: Wie ihr das macht mit eurem Campus als Erlebnisort, das ist es, wie ein Büro der Zukunft aussehen muss. Wenn man das so denkt, macht ein Office sehr wohl Sinn. Das läuft eben nicht mehr nach dem Prinzip: „Ich geh da hin, sitze acht Stunden am Tag an meinem Desk und dann gehe ich wieder nach Hause.“ Und bezüglich der flexiblen Arbeitszeiten: Wie das am besten funktioniert, muss jedes Unternehmen für sich selbst herausfinden. Man muss sich einfach bewusst sein: junge Talente wollen so viel Flexibilität wie möglich. Das ist für viele Arbeitgeber eine Herausforderung. Dabei geht es um eine neue Auslegung von Arbeit. Was bedeutet zum Beispiel überhaupt Arbeitszeit? Wir denken nicht in Arbeitszeit, sondern in Energielevels.

Was bedeutet das für die Mitarbeiterpraxis?

Yaël Meier: Das bedeutet, nicht jede Art von Arbeit braucht dieselbe Energie. Wenn ich einen Workshop gebe, dann ist das anders anstrengend, als wenn ich meine E-Mails bearbeite. Deshalb kann bei uns jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin selbst schauen: Wie viel Energie haben wir noch, um noch mehr Arbeit zu erledigen? Zugegeben, wir sind ein kleines Unternehmen, wir können trotz dieser Offenheit recht gut kontrollieren, ob die Leistung stimmt, ob die Effizienz stimmt. Das ist es schließlich, was für das Unternehmen zählt.

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habt ihr jetzt bei euch?

Yaël Meier: Wir sind fast 30.

Die Frage nach den besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt ja nicht nur für jede Unternehmensgröße, sondern auch für alle Ebenen des Unternehmens. Überall braucht man richtig gute Leute, die Bock haben und diesen Job richtig gut machen. Wer sind denn für euch die Besten und wie findet ihr die?

Daniel Grieder: Wir haben jetzt gerade unsere High Potentials der Firma weltweit nach Norwegen geholt und ihnen für drei Tage eine Aufgabe gegeben, die sie gemeinsam bewältigen mussten. Da muss man die Gruppe führen, die Gruppe motivieren, selbst kochen. Da geht es also keineswegs um Titel oder Zeugnisse, sondern da kommt es nur auf den Menschen und seine Skills an. Mich interessiert weniger, welche Noten jemand hat oder auf welchen Schulen er war. Entscheidend sind Eigeninitiative, Mut und der Wille, Verantwortung zu übernehmen. Für sich, aber auch für andere.

Nun kann ja nicht jeder Survival-Training in Norwegen machen. Welche Rolle spielen in deinen Augen Bildung und Ausbildung als Karrieregrundlage, Yaël?

Yaël Meier: Die eigentliche Frage ist doch, wie man an diesem Punkt kein Potenzial verliert. Viele, insbesondere große Unternehmen verwenden in ihrem Bewerbungsprozess Algorithmen. Aber diese Algorithmen sollen bislang vor allem eines: Bewerber schnell aussortieren. Keine Uni? Das schauen wir uns nicht an. Eine Lücke im Lebenslauf? Schauen wir uns nicht an. Nicht die besten Noten? Schauen wir uns nicht an. Dadurch geht extrem viel Potenzial verloren, weil vielversprechende andere Wege, zum Beispiel ein eigenes Fashionmagazin auf Tiktok aufzuziehen, gar nicht beachtet werden.

Ich hätte mit meinem Notenschnitt beim Abitur eigentlich so ziemlich gar nichts studieren dürfen, um das mal zu sagen. (lacht)

Daniel Grieder: Was meinst du, wo ich gelandet wäre?

An dieser Stelle passt wunderbar das Zitat von Yaël, das ich als Denkanstoß vorhin schon versprochen hatte: „Ich bin 22 Jahre alt und habe keinen Abschluss. Trotzdem unterrichte ich an einer der besten Wirtschaftsuniversitäten der Welt. Das Thema Metaverse ist so neu, dass ich trotz meines Alters zu den führenden Expertinnen gehöre. In einer Welt, die sich so schnell dreht, hat Erfahrung immer weniger mit dem Alter zu tun.“ Wie funktioniert vor diesem Hintergrund die Bewerberauswahl in deiner Agentur?

Yaël Meier: Wir bekommen ziemlich viele Bewerbungen und eines ist uns am Wichtigsten: Wir suchen bei unseren Mitarbeitenden nach Leadership-Skills. Dabei geht es nicht um Führungserfahrung oder Chefsein. Es geht darum, dass man sich selber führen kann. Denn in einer Remote-Kultur und einem Arbeitsumfeld, das sich rasant entwickelt, brauchen wir Menschen, die schnell lernen und einen starken Antrieb haben. Diese Eigenschaft identifizieren wir an Projekten, die schon selber umgesetzt wurden – von der eigenen Modekollektion bis hin zu jenem Fashion-Magazin auf Tiktok.

Der Generation Z wird gerne zugeschrieben, dass es ihr sehr stark um veränderte Werte und Lebensziele geht, also flapsig ausgedrückt: um Freiheit und Flexibilität statt um Macht und Geld. Ist das tatsächlich so oder ist das eine romantisierte Darstellung?

Yaël Meier: Das ist zum Teil romantisiert, genauso wie die Vorstellung, dass Mitglieder der Gen Z nur bei hundertprozentig klimaneutralen Unternehmen arbeiten wollen. Aber: Diese Generation weiß, dass sie Forderungen stellen kann, weil wir gerade einen Arbeitnehmermarkt haben. Man hat ja die Auswahl. Gleichzeitig sind Gen Z extrem karriereorientiert, das zeigen diverse Studien. Sie setzen bei einem Job mehr auf Prestige und Lohn als die Millennials, bei denen Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung im Fokus standen. Laut unserer Gen-Z-Studie, in der wir mit LINK fast 4.500 Menschen befragt haben, definiert die Generation Z sogar Sinnhaftigkeit deutlich stärker über Leistung und Erfolg als frühere Generationen. Jetzt geht es wieder stärker zu diesen klassischen Karrierezielen. Aus Unternehmenssicht sind das also motivierte Leute, die aber Forderungen stellen.

Wo knirscht es denn im Gebälk zwischen der Gen Z und ihren Arbeitgebern?

Yaël Meier: Es lohnt sich, deren Forderungen einmal genauer anzuschauen. Zum Beispiel haben wir in einer repräsentativen Studie mit 1.000 Gen-Z-Angehörigen erfahren, dass 72 Prozent glauben, sie werden wegen ihres Alters im Job nicht ernst genommen. Das ist ja eigentlich Altersdiskriminierung. Wir haben auch danach gefragt, was die Lage verbessern könnte. Im Kern lauteten die Antworten: Ich würde gerne mehr Verantwortung übernehmen. Ich will meine Ideen einbringen können. Ich möchte, dass man mir zuhört. Also drei Dinge, die aus Arbeitgebersicht spannend sind. Das sind Leute, die sich einbringen wollen, die Verantwortung übernehmen wollen. Daran werden sie aber durch die Strukturen gehindert, die wir seit Jahrzehnten im Arbeitsleben kennen. Du musst dich in einem Unternehmen erst einmal hocharbeiten, bis du irgendwann Verantwortung übernehmen und dich einbringen darfst. Gen Z will das aber schon in jungen Jahren, und das ist doch wohl das Beste, was ein Unternehmen sich wünschen kann: Leute, die etwas anpacken wollen.

Daniel Grieder: Es gibt auch ein Problem auf der Führungsebene, darüber haben Yaël und ich schon wann anders gesprochen. Sie sagte, das Durchschnittsalter in Aufsichtsräten ist 60 plus, warum sitzen keine jungen Leute mit am Tisch, wenn diese Zielgruppe für Unternehmen so wichtig ist? Und ich habe gesagt. Das ist ein Problem! Es gibt natürlich sehr erfahrene Aufsichtsräte. Und diese Erfahrung, dieses Wissen ist auch sehr wichtig. Aber es zählt auch der Austausch mit Leuten wie dir. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wir sind überzeugt, dass es heute um den Konsumenten geht. It’s all about the consumer! Das heißt, wir müssen Personen einbinden, die die Gen Z verstehen.

Gen Z in den Verwaltungsräten, Aufsichtsräten … Wird das die nächste Quotendiskussion?

Yaël Meier: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es das braucht. Unternehmen werden ganz einfach viel erfolgreicher sein, wenn sie junge Menschen, ihre Fähigkeiten und Wissen, auf ihrer Führungsebene einbinden. Und wenn nur ein namhaftes Unternehmen das vormacht, dann ziehen andere nach.

Daniel Grieder: Ich glaube, es ist aktuell noch einfacher, dieses Wissen von außen ins Unternehmen zu holen – wie beispielsweise über die Agentur von Yaël.

Jetzt haben wir viel davon gesprochen, wie man die jungen Talente für ein Unternehmen gewinnt, aber dann geht es im nächsten Schritt um die Frage: Wie hält man sie?

Daniel Grieder: Wenn du den Leuten Verantwortung gibst, dann macht das Arbeiten automatisch mehr Spaß. Und viele sind auch bereit dazu. Wir haben uns hier bei Hugo Boss Werte gegeben, die ich seit meinem Start wieder und wieder forciere. Heute Morgen habe ich von der Personalabteilung eine erste Analyse bekommen und da sind zwei Punkte, an denen wir noch arbeiten müssen: Trust und Control. Wenn ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst nehme, dann vertraue ich ihnen auch. Das ist ein ganz wesentlicher Teil des Wohlfühlfaktors in einem Unternehmen. Man muss nicht alles kontrollieren, was die Mitarbeiter machen. Trust ist einer unserer zentralen Werte. Wenn ich jemandem nicht trauen kann, dann sollte er erst gar nicht hier arbeiten. Aber dennoch gibt es in großen Unternehmen eine Abteilung, die heißt Controlling. Das erweckt doch schon einen ganz falschen Eindruck. Das müsste Supporting heißen. (lacht)

Manchmal ist das Wording wirklich wichtig. Aber irgendein Instrument zur Kontrolle muss es ja geben, oder?

Yaël Meier: Wir haben das gar nicht, wir vertrauen wirklich zu hundert Prozent, und das funktioniert auch gut. Wir sind zwar nur ein kleines Unternehmen, aber in großen Unternehmen gibt es immer auch kleine Abteilungen, die noch kleinere Teams haben. Und innerhalb solcher Teams kann man einander schon sehr viel Verantwortung übergeben, glaube ich. Hier gilt es auch einen Kulturwandel zu verstehen. Während es früher normal war, dass man sich zuerst beweisen musste, bevor man Verantwortung übertragen bekommen hat, wollen junge Talente heute Verantwortung bekommen, um sich dann beweisen zu können. Das ist eine 180-Grad-Drehung.

Kurze Zwischenfrage: Wie alt sind deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schnitt?

Yaël Meier: Der Schnitt ist circa 21.

Daniel Grieder: Wie viel? 21? (lacht)

Yaël Meier: Der Älteste ist 26. In unserem Geschäftsmodell müssen wir immer jünger werden und entsprechend immer jüngere Leute anheuern. Obwohl man ja unbewusst dazu tendiert, Leute zu sich zu holen, die einem ähnlich sind. Das heißt, ich würde vom Gefühl her eher jemand anstellen, die auch 22 ist, als eine junge Frau, die 18 ist. Das wäre aber falsch fürs Unternehmen.

Das finde ich jetzt fast verwirrend, wenn du mit deinen 22 Jahren davon redest, dass du jüngere Leute reinholen musst. Aber wenn man es recht bedenkt, hat das schon einen Sinn, weil die Dinge zum Teil so schnell passieren Tiktok, Discord, Metaverse. Gibt es heute mediale oder soziokulturelle Phänomene, die nur noch junge Menschen wirklich verstehen? Kann nur Gen Z Unternehmen ins Metaverse führen?

Yaël Meier: Clayton Christensen meinte in seiner Technology Disruption Theory, dass das nächste große Ding im ersten Moment oft wie ein Spielzeug wirkt. Das macht es für Unternehmen unheimlich schwierig, Innovationen zu erkennen, denn sie nehmen sie nicht ernst. Doch wer spielt mit Spielzeug? Genau, es sind die Jungen! Und zum Metaverse: Da musst du als Unternehmen jetzt noch nicht sein, denn die User sind es auch nicht. Aber du musst verstehen, was das Metaverse ist oder genauer gesagt werden könnte. Und wie dein Unternehmen dort irgendwann mal eine Rolle spielen will. Das heißt, jetzt muss man anfangen, sich damit zu beschäftigen, forschen, ausprobieren. Aber nicht einfach sinnlos einen NFT raushauen, bloß um so etwas zu haben. Und ja, neue Technologien werden oft von jungen Menschen getragen

Daniel Grieder: Selbstverständlich ist das für uns ein wichtiges Thema. Aber nicht unbedingt eines, bei dem man sofort in großem Stil loslegen muss. Wir haben hier bereits Schritte gemacht, schauen aber auch erst einmal, was der nächste Entry Point sein könnte. Ich gehe dann los und investiere größer, wenn ich verstanden habe, wo genau der beste Punkt ist, an dem wir für uns ein Business realisieren können. Aber ich bin überzeugt, dass das Metaverse in Zukunft ein weiterer Vertriebskanal für uns sein wird. Wir arbeiten zum Beispiel mit der Firma Imaginary Ones zusammen. Das ist ein hochspannender Partner für Konzepte in der phygitalen Zukunft. Wir haben uns bei diesem Thema bewusst auch für jemand aus Asien entschieden. Dort gibt es Fast-Forward-Technologie und Know-how. Und die Konsumenten sind bei dem Thema schon sehr weit.

Yaël Meier: Gaming ist zum Beispiel ein starkes Geschäftsfeld mit viel Potenzial für alle Unternehmen. Beliebte Games wie Roblox, Minecraft und Fortnite haben alle über 300 Millionen aktive Nutzer und werden jeden Monat Milliarden Stunden gespielt. Fortnite hat 2021 über fünf Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht – einen großen Teil davon mit Skins, also digitaler Kleidung für Avatare. Wenn man sich dagegen die zwei aktuell relevantesten Metaverse-Angebote anschaut, Sandbox und Decentraland, dann sind da jeweils 1.000 aktive User.

Social Media hat sich damals aber auch plötzlich sehr rasant entwickelt. Und viele Unternehmen wollen den aktuellen Zug diesmal nicht verpassen. Was würdest du schätzen, wie lange dauert es noch, bis aus dem Buzzword Metaverse das Milliardenbusiness wird, das viele erwarten?

Yaël Meier: Ich denke, das wird passieren, wenn wir das passende Interface dazu haben. Und ich tippe auf die Brille. Damit ist das Metaverse alltagstauglich und für alle zugänglich. Das wird, wenn ich eine Prognose wagen soll, in den nächsten fünf bis zehn Jahren passieren.

Daniel Grieder: So lange dauert das noch? Das wundert mich jetzt.

Yaël Meier: Erst dann sind wir wirklich im Metaverse angekommen, ja. Das bedeutet nicht, dass sich bis dahin nichts entwickelt. Ganz im Gegenteil. Alles, was jetzt versucht wird, ist wichtig. Nike zum Beispiel hat sich ja RTFKT gekauft und die machen bereits jetzt im Metaverse große Umsätze. Aber noch gibt es das Metaverse im eigentlichen Sinne nicht. Ich denke, das kommt erst, wenn die physische Welt und die digitale Welt tatsächlich komplett miteinander verschmelzen und auf Augenhöhe sind. Vielleicht wird die digitale Welt sogar noch ein bisschen wichtiger. Was wir jetzt auf einem winzigen Screen anschauen, sehen wir dann durch die Brille in unserem Alltag. Es wird Normalität. Das wird die ganze Gesellschaft verändern und bestimmt auch die Mode.

Das heißt aus deiner Sicht, ein iPhone 20 wird es gar nicht mehr geben?

Yaël Meier: Nein, wahrscheinlich nicht.

Wir müssen noch ein wenig über Geld sprechen. Welche Rolle spielt das Einkommen für der Gen Z, wenn es um die Berufs- und Lebensplanung geht?

Daniel Grieder: Das Einkommen ist zweifellos ein wichtiger Faktor. Aber eben nicht allein bestimmend. Es geht um das Gesamtpaket. Wenn die Perspektiven nicht stimmen, wenn Job und Umfeld keinen Spaß machen, dann kann Geld dies nicht erkaufen. Da erlebe ich in vielen Gesprächen mit jungen Menschen schon so etwas wie einen anderen Lebensentwurf. Wichtig finde ich, nach Möglichkeit bei der Ausgestaltung eines Jobs so gut es geht auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und da auch flexibel zu sein. Denn Lebensrealitäten ändern sich ja. Das geht natürlich nicht immer. Aber es lohnt sich für jedes Unternehmen, auch für ungewöhnliche Modelle offen zu sein. 

Yaël Meier: Geld spielt sehr wohl eine Rolle, aber nicht unbedingt die erste Geige. Wenn wir Unternehmen bei Verbesserungen mit Blick auf die Gen Z helfen, schauen wir uns drei Pfeiler an: Cash, interne Wertschätzung und externe Wertschätzung. Wenn an einem dieser drei Punkte etwas nicht stimmt, muss man an einem anderen Punkt ausgleichen. Was wir bei Cash festgestellt haben: Jungen Menschen ist die Aussicht auf ein hohes Gehalt in der Zukunft deutlich wichtiger als ein überdurchschnittliches Einstiegsgehalt. Eine starke Employer Brand ist also harte Währung.

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