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Joop x Loredana | „Marke soll auch polarisieren“  

Joop x Loredana | „Marke soll auch polarisieren“  

Loredana x Joop
Knapp drei Jahre nach dem erfolgreichen Launch der Joop DOB-Kollektion präsentiert die Marke eine gemeinsame Capsule mit der Deutsch-Rapperin Loredana. Die kommunikative Verjüngungskur, die mit diesem Paukenschlag einhergeht, kommt für Managing Director Thorsten Stiebing genau zur richtigen Zeit. Denn für ihn hat Mut, Neues auszuprobieren, junge Zielgruppen progressiv anzusprechen und sich immer wieder neu zu erfinden, Konjunktur – gerade mehr denn je. 

Interview: Stephan Huber. Text: Isabel Faiss. Fotos: Joop 

Thorsten, Inmitten der vielleicht größten Transformation der Modebranche insgesamt vollzieht Joop eine selbst angestoßene Neuausrichtung als Marke und Unternehmen. Was sind dabei die wichtigsten Herausforderungen? 

Thorsten Stebing, Managing Director Joop: Momentan kommen wir von einer Krise in die nächste. Das muss man erst einmal bewältigen. Mit Covid ist uns das sehr gut gelungen, tatsächlich haben sich die Umsätze in dieser Zeit verdoppelt. Jetzt kommt die Inflation. Für uns bedeutet das, wir müssen uns entsprechend aufstellen, nach vorne richtig Gas geben und vor allem auch investieren. Entscheidend ist es jetzt, Mut zu haben. Wir haben viel in die Visibilität der Marke investiert, in neue Shop-in-Shops sowie in das Produkt und werden weitere Stores eröffnen, und nicht zuletzt auch in unser Lager, um lieferfähig zu bleiben. Es ist nicht leicht, in schwierigen Zeiten viel Geld in die Hand zu nehmen, aber die Strategie aus der Pandemie hat uns gelehrt, dass es gleichzeitig auch notwendig ist. Menschen brauchen gerade in Krisen Marke und Halt.  

Digitalisierung und Anschlussfähigkeit an neue, junge Konsumenten sind nur einige der Themen für die Zukunft. Ist so auch die Kooperation mit Loredana entstanden? 

Dahinter stand eine strategische Planung, auch wenn die Idee aus einem spontanen Gedanken heraus entstanden ist. Es gibt eine gewisse Parallelität zwischen Loredana und Joop, eine gemeinsame Grundidee, die einfach zusammenpasst. Sie genießt in der jungen Zielgruppe ein hohes Standing, hat aber nie den Anspruch, perfekt zu sein. Für mich war sie die richtige Partnerin, weil sie diese Mischung aus Mutter und Rapperin mit all ihren Konflikten super authentisch rüberbringt. Gemeinsam mit ihr hat unser Designteam eine Unisex-Kollektion entwickelt. Unsere jungen Designer mit Loredana zu connecten und zu sehen, was dabei herauskommt, war unglaublich. Loredana ist Mitte 20 und tickt völlig anders. Der Input, den sie gegeben hat, war durchaus kontrovers, doch wir haben schnell gemerkt, dass uns ein gewisser hedonistischer Ansatz verbindet.  

So attraktiv das Thema Artist Collaboration auch ist, es wird für einige nicht funktionieren, wenn die Story nicht zu hundert Prozent authentisch ist. Wie geht ihr mit diesem Risiko um? 

Diese Zielgruppe ist kritischer als je zuvor. Sie ist viel geschulter im Beobachten und merkt sofort, ob etwas authentisch ist oder nicht. Das war für uns ein gewisses Risiko, weil sich im Tun erst entscheidet, ob etwas gut wird oder nicht. Für uns liegt die Faszination, mit Externen zusammenzuarbeiten, die nicht aus der Branche kommen, darin, dass sie die Kanten und Ecken, die wir oft automatisch wegschleifen würden, bewusst stehen lassen. Diese sind manchmal auch scharf, aber es entsteht immer was ganz Neues. Damit muss man umgehen können. Wir haben uns für diese erste Kollektion für eine sehr selektive Vertriebsstrategie mit einer strengen Limitierung entschieden und bringen die Kollektion nur mit rund sieben Handelspartnern in der D-A-CH-Region raus. Das wird die die Leute elektrisieren und der Marke den entsprechenden Schub in die richtige Richtung geben: etwas jünger und cooler. Und es zeigt, dass die Marke das kann. 

Loredana ist eine der zentralen Stilikonen dieser neuen Subkultur aus der Hip-Hop- und Streetwearszene kommend. Sie steht sinnbildlich für die Transformation der Branche hin zu einer vom Konsumenten getriebenen Logik. Was macht dieser sehr direkte Ansatz mit Joop? 

Viel! Darauf reagieren wir mit dem gesamten Auftritt. Und wir lernen auch viel von Loredanas Attitude – stellvertretend für ihre junge Generation. Als Marke muss man sich nicht immer anpassen, Marke soll auch mal polarisieren. Gerade für Joop gilt das. Dazu braucht man die richtigen Protagonisten und es wäre doch fürchterlich langweilig, wenn man dafür immer nur in der angestammten Zielgruppe bleibt. Gerade Loredanas ebenfalls polarisierender Auftritt macht die Kooperation so erfrischend – und gleichzeitig auch so passend. Das gesamte Thema ist unglaublich spannend. Diese Generation tickt ganz anders. Loredanas erste Frage war, ob wir im Atelier eine Beatbox haben, damit sie uns ihre Tracks vorspielen kann. Sie ist selbst superstolz auf ihre Musik, das ist für mich wirklich authentisch. Da steckt eine echte Tiefe drin. 

Ich glaube, zu dieser Zielgruppe gibt es gerade ein großes Missverständnis, das oft aufgrund der Schnelllebigkeit und Verkürzung der sozialen Medien dem Vorurteil der Oberflächlichkeit erliegt.  

Das beste Beispiel dafür ist TikTok: Da wird unglaublich viel Information visuell transportiert mit einer enormen Sogwirkung und Schnelligkeit. Ich bin mir sicher, dass wir in ein paar Jahren nur noch über bewegte Bilder sprechen werden. Auch mich amüsiert ein bewegtes Bild mehr als ein Still. Das ist einerseits natürlich verkürzt und schnelllebiger, wir lernen dadurch aber auch anders zu denken. Und gleichzeitig ist die Informationsbreite viel größer.  

Product is Key und Konsumentinnen im Premiummarkt verlangen mehr denn je nach klaren Ansagen. Marken müssen für etwas stehen. Wofür steht Joop im Jahr 2023? 

Wir werden uns auf neue Showrooms, weitere Kooperationen mit ausgewählten Partnern und vor allem das B2C-Geschäft konzentrieren. Der Fokus liegt deutlich stärker auf B2C als auf B2B, weil wir das Gefühl haben, dass die Marke reif dafür ist. Für uns sind Kooperationen wie mit Loredana, die vor allem auch auf das Marketing und die Wahrnehmung der Marke einzahlen, essenziell. Es geht uns um noch mehr Visibilität, die wir über eigene Stores, noch mehr Shop-in-Shops und die Internationalisierung der Marke vorantreiben. Aktuell kommt die Region Middle East neu hinzu und Nordamerika werden wir deutlich ausbauen. Wie du siehst, haben wir gerade viele Bälle in der Luft. 

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